Arbeitskreis Heimische Orchideen Thüringen e. V.

Kategorie: Allgemein (Seite 3 von 6)

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Sumpf-Weichwurz – Hammarbya paludosa

Die Gattung Hammarbya ist monotypisch, d.h. sie beinhaltet nur eine Art – Hammarbya paludosa.  Die Weichwurz besiedelt von Torfmoosen gebildete Schwingrasen in sauren Übergangsmooren, Lebensräume, die äußerst empfindlich und in Thüringen selten sind. 
Die Art kommt in den gemäßigten und borealen Zonen Europas, Asiens und Nord-Amerikas vor. In Deutschland gingen viele Fundorte bereits schon im 19. Jh. durch Trockenlegung der Lebensräume und nachfolgenden Torfabbau verloren. In der 2. Hälfte des 20. Jh. bis heute, waren und sind es vor allem Eutrophierung und Sukzession, die die Restlebensräume beeinträchtigen und somit die sehr spezialisierte, an veränderte Bedingungen kaum anpassungsfähige Hammarbya paludosa immer seltener werden lassen. Die derzeit besten Vorkommen Deutschlands befinden sich im nördlichen Voralpenland. 
In Thüringen war die Art schon immer sehr selten. Zwei dicht beieinander liegende Vorkommen aus der Umgebung der Rhön lagen bis 1989 im unmittelbaren Grenzgebiet und waren deshalb kaum zugänglich. Seit der Grenzöffnung sind sie aber einem enormen Ansturm durch Besucher ausgesetzt. Diese kommen aus allen Teilen Deutschlands und richteten in den empfindlichen Moorbiotopen beträchtliche Trittschäden an. Dies dürfte neben der allgemeinen Eutrophierung und der Verschlechterung des Wasserhaushalts mit zu dem offensichtlichen Rückgang geführt haben. In den letzten Jahren wurden Maßnahmen zur Wiederanhebung des Wasserspiegels getroffen, die den Moorarten zugute kommen. Dadurch ist auch ein Betreten nahezu unmöglich geworden und es bleibt zu hoffen dass die Art sich wieder erholt.         
Die Art ist aus diesen Gründen in die Kategorie 1 – „Vom Aussterben bedroht“ in der Roten Liste Thüringens eingeordnet.

Verbreitungskarte von Hammarbya paludosa in Thüringen

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Kleines Knabenkraut – Anacamptis (Orchis) morio

Die Art war früher eine sehr häufige Orchidee, die vor allem auf mageren, meist beweideten Wiesen vorkam. Durch die Veränderung der Nutzung dieser Biotope ist das Kleine Knabenkraut inzwischen  sehr selten geworden. Noch vorhandene Vorkommen bedürfen eines strengen Schutzes und eine den Bedürfnissen der Art angemessene Pflege bzw. Bewirtschaftung. In der Roten Liste Thüringens ist es in der Kategorie 1 = „Vom Aussterben bedroht“ eingeordnet.

Der Blick auf die Verbreitungskarte zeigt kein realistisches Bild. Bei den meisten existenten Fundpunkten handelt es sich um Einzelpflanzen  bzw. ganz wenige Exemplare, die neuerdings sporadisch auftauchen. Es ist nicht auszuschließen (und wäre wünschenswert), dass es sich um Neuansiedlung aus klimatischen Gründen handelt, jedoch sind dahinter in vielen Fällen (illegale) Ansiedlungsaktivitäten von „Naturfreunden“ zu vermuten.

Verbreitung von Anacamptis morio in Thüringen

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Kriechendes Netzblatt – Goodyera repens

Hauptverbreitungsgebiet der Gattung mit 80 -100 Arten sind nord- und Mittelamerika, das östliche, mittlere und südliche Asien, Australien und Nord- und Ostafrika. In Europa kommen nur 2 Arten vor, eine davon ist ein Endemit von Madeira (und da inzwischen verschollen), die andere – Goodyera repens – kommt im gemäßigten Eurasien vor. 
Das Kriechende Netzblatt ist die einzige immergrüne Orchidee in Deutschland. Es wird bis 25 cm  groß, meist bleibt es jedoch deutlich kleiner. Die dunkelgrünen Blätter weisen eine Netznervatur auf.
Es siedelt in mageren, lichten, Kiefern- oder Kiefern-Fichten-Mischbeständen. Bevorzugt werden ausgehagerte Standorte, mit an der Oberfläche etwas entkalkten, mäßig feuchten, frische Böden über Muschelkalk. Die Pflanze lebt vorzugsweise im Halbschatten lichter Nadelholzbestände mit niedriger moosreicher Bodenvegetation und kommt von Meereshöhe bis in Hochgebirgslagen vor.          
Eines der Hauptverbreitungsgebiete innerhalb Deutschlands ist Thüringen.  Hier sind es vor allem locker mit Wald-Kiefer bestockte Forsten über Muschelkalk, die, soweit sie wenig eutrophiert und nicht zu trocken sind, dem Netzblatt gute Lebensbedingungen bieten können.  
Die Art kam in Thüringen zerstreut vor. Aktuell gibt es sie vor allem im Kalkgebiet zwischen Arnstadt und Jena sowie in entsprechenden Gesteinsformationen im südlichen Gebirgsvorland des Thüringer Waldes noch häufiger. Nur wenige oder einzelne Vorkommen konnten im Wartburgkreis, Unstrut-Hainich-Kreis, Eichsfeld, Weimarer Land und in der Umgebung von Gotha bestätigt werden. Ehemalige Vorkommen außerhalb der Kalkgebiete sind inzwischen wohl alle erloschen. Rote Liste in Thüringen: Kategorie 2 = Stark gefährdet

Verbreitung von Goodyera repens in Thüringen

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Helm-Knabenkraut – Orchis militaris

Das Helm-Knabenkraut ist in der Roten Liste Thüringens in der Kategorie 2 – „Stark Gefährdet“ eingestuft. Die Art kommt vorrangig in den Muschelkalk-Gebieten in offenen Biotopen und auf Wiesen vor. In Richtung auf den Thüringer Wald, bleiben die Vorkommen aus. Sie unterliegt dem hohen Druck auf diese Teile der Landschaft und hat in den letzten Jahrzehnten  einen großen Teil ihrer Vorkommen, bzw. ihrer Individuen  verloren. 

Verbreitung von Orchis militaris in Thüringen

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Der Frauenschuh – Cypripedium calceolus

Der Frauenschuh (Cypripedium calceolus) ist die wohl attraktivste heimische Orchidee. Seine Verbreitung in Deutschland erstreckt sich hauptsächlich auf die Bundesländer Thüringen und Baden-Württemberg, Bayern und Hessen. Die Art ist sehr bekannt, ihre Schönheit ist aber auch gleichzeitig ihr Problem. Obwohl sie zu den bedrohten Arten gehört (Rote Liste in Thüringen: Kategorie 2 – stark gefährdet), wird sie oft abgepflückt oder sogar ausgegraben und es wird versucht, sie in die heimischen Gärten zu verpflanzen. Dies ist ein Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen – alle wildwachsenden Orchideen stehen in Deutschland unter gesetzlichem Schutz!!
Es sei hier darauf verwiesen, dass es inzwischen durchaus preiswerte Angebote von gezüchteten Hybriden in Baumärkten gibt, die eher eine Chance zum Überleben in Kultur haben! Man muss also nicht unsere heimische Natur bestehlen (!) und sich dem Vorwurf des Naturfrevels
aussetzen.


Verbreitungskarte von Cypripedium calceolus in Thüringen

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Vogel-Nestwurz – Neottia nidus-avis

Die Nestwurz wird für viele Landkreise als häufig und ungefährdet angegeben. Allerdings bezieht sich diese Einschätzung letztlich immer auf die Kalkregionen. In Landkreisen, die daran kaum einen Anteil haben, ist die Art selten. So sind etwa im Landkreis Lobenstein nur wenige schwachbesetzte Fundorte bekannt.      
Aus dem Buntsandsteinland Ostthüringens werden einzelne Vorkommen an Straßen-und Waldrändern genannt.         
Regionale Schwerpunkte ergeben sich auch durch die Waldverteilung. Auffällig ist deshalb eine Häufung von Fundpunkten rund um die Ackerebenen des Thüringer Beckens. Die Nestwurz wächst bevorzugt auf basenreichen, frischen und lehmigen Böden mit einer starken Humusauflage. Sie gilt als Charakterart des Orchideen-Buchenwaldes. Hier gedeihen besonders schöne Bestände in falllaubreichen, etwas feuchten Senken schattiger Muschelkalkhänge. Man findet die Art jedoch auch in Eichenbeständen, Eichen-Hainbuchenwäldern und anderen Mischwäldern, bis hin zu reinen Nadelholzforsten. Außerhalb der Kalkregionen, etwa über Rotliegendem, Schiefer oder Buntsandstein ist die Nestwurz selten, und die Vorkommen bestehen meist nur aus wenigen Pflanzen. Bekannt geworden sind vielfach Funde aus dem Thüringer Zechsteingürtel.
Die Nestwurz ist eine rhizombildende Art und eine der 3 in Thüringen vorkommenden Orchideen, die kein Blattgrün zeigen (Corallorhiza trifida, Epipogium aphyllum, Neottia nidus-avis). Diese ernähren sich mit Hilfe von Pilzen – endotrophe Mykorrhiza – von den Abbauprodukten organischer Substanzen. Chlorophyll wird nur in so geringer Menge gebildet, dass es für die Versorgung der Pflanze mit Kohlehydraten bedeutungslos bleibt. Diese Arten sind zeitlebens auf das Zusammenleben mit dem Mykorrhizapilz angewiesen, von dem sie alle lebensnotwendigen Nährstoffe, einschließlich der Kohlehydrate bezieht;         

Verbreitungskarte von Neottia nidus-avis in Thüringen

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Großes Zweiblatt – Neottia (Listera) ovata

Das Große Zweiblatt gehört zu den häufigsten heimischen Orchideen in Thüringen. Es kann bis 60 (selten bis 70) cm hoch werden. Die Pflanzen stehen meist einzeln, sind jedoch oft in lockeren Beständen gesellig anzutreffen. Das Große Zweiblatt hat eine sehr weite Standortsamplitude. Die Art ist in Halbtrockenrasen ebenso zu finden wie in wechselfeuchten Wiesen. Sie steht in trockenen, lichten Kiefern-Forsten genauso wie in feuchten Laubmischwäldern oder anlehmigen etwas bodenfeuchten Gehölzbeständen der Waldränder und Auen. Selbst auf Bergwiesen und am Rande von Nasswiesen ist die Art anzutreffen.
Als Sekundärbiotope sind für Thüringen  ehemalige Steinbrüche, Halden und Rohböden der Bergbaufolgelandschaft oder ungenutzte Schlämmteiche zu nennen. Auch Gebüsche naturnahe Gärten, Vorgärten, Parkanlagen und Friedhöfe werden nicht gemieden.
Die Art kommt in allen Landkreisen Thüringens verbreitet und recht häufig vor. Schwerpunkte bilden die Muschelkalk- und Keuper-Landschaften. Außerhalb dieser Gebiete tritt die Art meist an Sekundärstandorten wie Steinbrüchen oder geschotterten Waldwegen auf.

Verbreitung des Großen Zweiblatts in Thüringen

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Kleines Zweiblatt – Neottia (Listera) cordata

Das kleine Zweiblatt ist in Thüringen äußerst selten. Zur Zeit ist nur noch ein existentes Vorkommen bekannt. Deshalb ist es in der Roten Liste Thüringens in die Kategorie 1 – vom Aussterben bedroht – eingeordnet.
Die Art gehört zu den kleinsten Orchideen und ist in moosreichen Fichtenwäldern des Nordens fast zirkumpolar verbreitet. Außerhalb der Waldgrenze kommt das Kleine Zweiblatt auf Island, Grönland und in Nordamerika vor. Aus Deutschland sind Fundorte entlang der Ostseeküste bekannt geworden. Der Verbreitungsschwerpunkt liegt jedoch im Alpenraum. Bedingungen für das Gedeihen des Kleinen Zweiblattes sind saure, nährstoffarme, nasse Böden sowie kühle, schattige und regenreiche Standortverhältnisse, mit hoher Luftfeuchtigkeit. Die Art siedelt deshalb fast ausschließlich in moosreichenmontanen Fichten-Moorwäldern. Bevorzugt werden anmoorige, quellige Standorte. Die gegenwärtig beobachteten Klimaveränderungen sind für die Art keinesfalls zuträglich.

Verbreitung von Neottia cordata in Thüringen

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Herbst-Wendelorchis, Herbst-Drehwurz – Spiranthes spiralis

Die Herbst-Wendelorchis beschließt den Blütenreigen der heimischen Orchideen im Jahresverlauf mit der Blüte Anfang September (inzwischen ab Mitte August).
Die kleine Pflanze (sie wird nur bis etwa 20 cm groß) ist  inzwischen in Thüringen sehr selten geworden und ist deshalb in der Roten Liste in die Kategorie 1 – Vom Aussterben bedroht – eingeordnet. Von den ehemaligen Vorkommen in Thüringen sind nur weniger als 10 % (insgesamt 5 Vorkommen) noch erhalten.
Die Art ist wie keine andere auf Schafbeweidung angewiesen. Sie wächst auf relativ trockenen bis wechselfrischen, mageren, neutral bis mäßig sauren Lehm- und Sandböden; selten auf basenreichen, meist kalkarmen Böden; Biotope sind Zwergstrauchheiden, Borstgrasrasen, Trocken- und Halbtrockenrasen, Magerweiden (besonders Schafweiden), früher auch Frischwiesen und –weiden.

Verbreitungskarte von Spiranthes spiralis in Thüringen

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Grünliche Waldhyazinthe – Platanthera chlorantha

Die zweite Art der Waldhyazinthen unterscheidet sich durch die ein unten weit offenes Dreieck bildenden Antheren von der Weißen Waldhyazinthe, bei der die Antheren dicht neben einander und parallel verlaufen (s. a. bei Platanthera bifolia). Beide Arten sind sich im habitus recht ähnlich, besiedeln aber oft unterschiedliche Biotope. 
Platanthera chlorantha siedelt in verschiedenen Biotopen, wie Orchideen-Buchenwälder, Kalk-Nadelholzforsten, submediterrane Kalk-Halbtrockenrasen, Feucht- und Nasswiesen über Kalk, aber auch Magerrasender Bergwiesen über Porphyr und Schiefer (hier allerdings als große Seltenheit). Sie benötigt mäßig nährstoffreiche, schwach-saure bis basische Böden. 
In den Kalkgebieten Thüringens existieren noch gut besetzte Vorkommen. Auf Bergwiesen des Thüringer Waldes und des Schiefergebirges gibt es dagegen nur noch wenige Fundorte.

Verbreitungskarte von Platanthera chlorantha in Thüringen
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