Arbeitskreis Heimische Orchideen Thüringen e. V.

Kategorie: Allgemein (Seite 4 von 6)

Pl bi

Zweiblättrige Waldhyazinthe – Platanthera bifolia

Der deutsche Name Waldhyazinthe ist irreführend, denn es handelt sich hier  ebenfalls um Orchideen! Weiter deutsche Namen sind Nachtlilie, Kuckucksblume, Heide-Vanille, Breitkölbchen (eine Auswahl). In Thüringen kommen zwei Arten vor – neben der hier vorgestellten gibt es die Grünliche Waldhyazinthe (s.u.). Beide sind sich im Habitus ähnlich und im nicht blühenden Zustand kaum zu unterscheiden. Sichersten Unterscheidungsmerkmal sind die Antheren in den Blüten, die bei Platanthera bifolia eng beieinander und parallel stehen, während sie bei der Platanthera chlorantha, weiter auseinander und vor allem ein unten weit offenes Dreieck bilden. Beide Arten sind recht konstant, besiedeln aber zum Teil gleiche, aber auch verschiedene Lebensräume.
Platanthera bifolia besiedelt lichte Laub‑ und Nadelwälder, Gebüschsäume und Magerrasen über Kalk, Borstgrasrasen  und wechselfeuchte Wiesen über basenreichen Lehmböden, selten moorige Wiesen. Die Art fordert lückige Standorte, die nicht zu sauer sein dürfen und kommt daher auch in hin und wieder in Kies- und Sandgruben vor.

Verbreitung von Platanthera bifolia in Thüringen

Op in

Fliegen-Ragwurz – Ophrys insectifera

Die Fliegen-Ragwurz ist die am weitesten verbreitete Ragwurz-Art in Thüringen. In Deutschland erreicht sie im südlichen Niedersachsen ihre nördliche Verbreitungsgrenze, nach Osten zu gibt es in Sachsen und Brandenburg keine Vorkommen mehr, Einzelnachweise sind aus Mecklenburg-Vorpommern bekannt (Quelle: „Orchideen Deutschlands“ 2005). Allerdings werden Vorkommen auch aus Großbritannien und Irland, Süd- und Mittelschweden und dem Baltikum angegeben (Quelle: „Ophrys – The Bee Orchids of Europe“ 2007). Auch bei dieser Art ist der Habitus relativ einheitlich, Farbabweichungen treten gelegentlich auf. 

Verbreitung von Ophrys insectifera in Thüringen

Op sp

Spinnen-Ragwurz – Ophrys sphegodes

Die Spinnen-Ragwurz erreicht in Thüringen (mit einer kleinen Ausnahme im Unstruttal) die Nordgrenze ihrer Verbreitung in Deutschland. Infolge des Anstiegs der Jahrestemperaturen in den letzten Jahrzehnten und auch der intensiven Bemühungen um ihren Schutz und die Pflege der Fundorte hat sie sich in Thüringen ausgebreitet. In dem Buch „Orchideen in Thüringen“, herausgegeben vom AHO Thüringen 1997 konnten in 11 Messtischblatt-Quadranten existente Vorkommen verzeichnet werden. In „Thüringens Orchideen“ von 2014 waren es 36! Dies ist auf die og. Einflüsse zurückzuführen.
Die Art präsentiert sich in Thüringen vergleichsweise relativ einheitlich, im Gegensatz zu ihren Vorkommen in Südeuropa, wo sie sehr variabel erscheint und viele Unterarten und Varietäten beschrieben wurden.

Verbreitung von Ophrys sphegodes in Thüringen

Op ar

Kleine Spinnen-Ragwurz – Ophrys araneola

Die Kleine Spinnen-Ragwurz ist in Thüringen sehr selten (Kategorie R = extrem selten der Roten Liste Thüringens). Es gab  zwei historische Vorkommen, erstmalig 1864 erwähnt wurden sie bis heute immer wieder nachgewiesen. Das sind die einzigen autochthonen Vorkommen der Art in Thüringen. Es gab in den letzten 20 Jahren Versuche, weitere Vorkommen künstlich zu begründen, um die Art in Thüringen zu erhalten, die aber nur zum Teil Erfolg hatten. Vor allem wurde der Fehler gemacht, die Ansiedlungsversuche in der Nähe von oder zusammen mit Ophrys sphegodes durchzuführen, sodass es fast sofort zu einer Durchmischung der Arten kam. Damit ist eine eindeutige Zuordnung einzelner Pflanzen nicht möglich. Man sieht, wie fragwürdig derartige Eingriffe i die Natur sein können.
So werden immer wieder neue Funde gemeldet, zumal die die eng verwandte Spinnen-Ragwurz in Thüringen sich ausbreitet. Dabei wird auf ein Merkmal verwiesen. den gelben Rand der Lippe. Dieses Merkmal ist aber nicht charakteristisch für Ophrys araneola, denn es tritt bei Ophrys sphegodes (der Spinnen-Ragwurz) auch auf! Differenzierende Merkmale der Kleinen Spinnen-Ragwurz, sind die deutlich kleinere Lippe und die fehlenden seitlichen Höcker auf der Lippe (d.h. die Lippe ist flach!).

Verbreitungskarte von Ophrys araneola in Thüringen

Ep pu

Violette Stendelwurz – Epipactis purpurata

Die Violette Stendelwurz ist die am spätesten blühende Art der Gattung. Allerdings hat sich in den letzten Jahren ihr Blühbeginn, der noch vor 20 – 30 Jahre in der Mitte des August lag  auf das ende des Juli vorverlegt. 
Die Art ist neben der Epipactis microphylla die zweite heimische Stendelwurz, die eine überwiegend mykotrophe Lebensweise hat (äußerst lichtarme Standorte, reduzierter Chlorophyllgehalt); sie ist allogam.  Nichtblühende Triebe werden – ähnlich wie bei Epipactis microphylla – nur sehr selten beobachtet. 
Die Violette Stendelwurz bevorzugt tiefgründige, frische, steinige und schwach basische Lehmböden. Die Wuchsorte befinden sich bevorzugt in feuchten, nordwestlich exponierten Unterhanglagen im Bereich des Quellhorizontes zwischen Unterem Muschelkalk und Oberem Buntsandstein bzw. Muschelkalk und Basalt-Horizont, ohne jedoch halbschattige, südlich exponierte Lagen ganz zu meiden. Die Waldböden tragen eine tiefschichtige Mullhumusauflage. Plateau-Lagen werden ebenfalls besiedelt, vorausgesetzt die Böden haben eine 20bis 40 cm starke Löss-Lehm-Decke. 
Die Art leidet stark unter Wildverbiss, in den letzten Jahren auch unter der starken Sommertrockenheit. Epipactis purpurata ist wenig variabel. gelegentlich treten aber „entfärbte“ Pflanzen auf (Farbstoffverlust des Chlorophylls oder der Anthocyanine).

Verbreitung von Epipactis purpurata in Thüringen

Ep pa

Sumpf-Stendelwurz, Sumpfwurz – Epipactis palustris

Die Sumpf-Stendelwurz ist die einzige Art der Gattung, die Feuchtbiotope besiedelt. Da derartige Biotope in Thüringen selten sind, ist Epipactis palustris als „Gefährdet“ in Thüringen (Rote Liste Kategorie 2) und „Stark gefährdet – Kategorie 3“ der Roten Liste in Deutschland eingestuft. Allerdings hat Epipactis palustris auch in Thüringen einen große Teil ihrer Biotope eingebüßt, s o dass eine Höherstufung wie in D angebracht wäre. Wo die Pflanze wächst tritt sie meist auch recht gesellig auf. Allerdings müssen die Biotope „offen“ gehalten werden, eine Verbuschung führt zum Verschwinden der Art. Sie wächst hauptsächlich in Moorwiesen, Feuchtwiesen, Flachmooren, Hangmooren, selten in feuchten Waldlichtungen und am Rande von Quellstellen über basenreichem bis neutralem Untergrund (bevorzugt über Kalk); Ton- und Lehmgruben werden nach Auflassung als Sekundärstandorte besiedelt.

Verbreitung von Epipactis palustris in Thüringen

Ep le


 Schmallippige Stendelwurz – Epipactis leptochila

Die Schmallippige Stendelwurz wird auch heute noch bei flüchtiger Beobachtung nicht von der Breitblättrigen Stendelwurz unterschieden. Jedoch differenziert sie sich vor allem in den Blütenmerkmalen. Die Blüten sind meist herabhängend, die Blütenblätter sind langzugespitzt, Blüten oft mit weißlich gelber bis gelblich-grüner Grundfarbe, Blütenblätter langzugespitzt und gelegentlich glockenförmig zusammenneigend. Epichil langzugespitzt mit abwärts gebogener Spitze, Ränder nach oben umgeschlagen und oft rötlich überfärbt, Hypochil tief halbkugelförmig, innen braun bis rotviolett gefärbt, Nektar enthaltend, Übergang vom Hypochil zum Epichil oft V-förmig, selte­ner schlüssellochförmig.
Die Pflanzen werden bis 70 cm hoch, sind aber oft auch kleiner. Sie sind autogam und zeigen dementsprechend einen hohen Fruchtansatz. 
Die Schmallippige Stendelwurz bevorzugt in Thüringen Laubwaldstandorte(Orchideenbuchenwälder und Bingelkraut-Hangbuchenwälder) mit deutlich subozeanischer Klimatönung auf basischem Untergrund. Die Standorte befinden sich häufiger in etwas feuchteren nordwestlich exponierten Unterhanglagen, ohne jedoch lichtere südlich exponierte Lagen völlig zu meiden. 

Verbreitung von Epipactis leptochila in Thüringen

Ep ne

Übersehene Stendelwurz – Epipactis neglecta

Die Art wurde von H. KÜMPEL 1982 als Unterart zu Epipactis leptochila beschrieben [Epipactis leptochila subsp. neglecta Kümpel, Mitt. Arbeitskreises Heimische Orchideen 11: 29 (1982)], 1996 erhob er sie in den Artrang mit der Begründung „Das Taxon ist höher zu bewerten…, es besitzt reiche Vorkommen in Süd- und Westthüringen, Nordhessen und Niedersachsen…“ und korrigierte so den Status in Epipactis neglecta. Anerkannt in der ‚World Checklist of Selected Plant Families‘ ist der Status als Unterart der Epipactis leptochila. Bei  DELFORGE (2005, 2016), der bei Ophrys jede kleinste Abweichung in den Artrang erhebt, wird sie sogar nur als Varietät eingeordnet.
Dem flüchtigen Beobachter wird es allerdings auch nicht leicht, beide Arten zu differenzieren.

Verbreitung von Epipactis neglecta in Thüringen

Ep mu

Müllers Stendelwurz – Epipactis muelleri

Kennzeichen der Müllers Stendelwurz sind zweizeilig angeordnete hellgrüne, rinnige Blätter, die an ihren Rändern gewellt und sichelförmig nach unten gebogen sind. Die Art ist autogam und (infolgedessen ?) wenig variabel. Sie hat keinen Status in der Roten Liste Thüringens. Epipactis muelleri wächst bevorzugt in den Muschelkalkgebieten, ist aber nirgends häufig. Bevorzugt werden kalkhaltige, nährstoffarme Lehmböden im warmen Lagen, auch in Kiefernforsten und nicht zu dunklen Fichtenforsten.

Verbreitung von Epipactis muelleri in Thüringen

Ep gr

Greuters Stendelwurz – Epipactis greuteri

Greuters Stendelwurz wurde erstmalig 1981 von BAUMANN & KÜNKELE aus Griechenland beschrieben und auch bereits in diesem Jahr (aber erst 1996 veröffentlicht) von R. FELDMANN im Ilmkreis nachgewiesen. Diese Art gilt in der WCSP als „Accepted“, ist also eine gute Art.
Bisher wurden in Thüringen 2 Fundorte nachgewiesen, da die Art aber immer noch nur wenig bekannt ist, könnte sich diese Zahl erhöhen. Ein Verbreitungskarte wurde bisher von uns nicht erstellt. Sie wird in der Roten Liste mit „R = extrem selten“ geführt.
Da seit der Erstbeschreibung 1981 inzwischen aber Nachweise aus verschiedenen Lokalitäten in Europa vorliegen (Griechenland, Kroatien, Slowenien, Tschechei, Bulgarien, Rumänien und Italien [DELFORGE: 2016])ist insgesamt eine Diskussion der Art wünschenswert.

Merkmale (nach BAUMANN & KÜNKELE, 1981: Beiträge zur Taxonomie europäischer Orchideenarten. – Mitt. Arbeitskreis Heimische Orchid. Baden-Württemberg 13: 341-346): Pflanzen einzeln wachsend, Blätter eiförmig, kürzer oder nur wenig länger als die Stängelglieder, dunkelgrün und etwas unterhalb der Stängelmitte angeordnet; Blütenstand langgestreckt, fast die Hälfte des gesamten Stängels einnehmend, dicht behaart; Blüten extrem gestielt, wie die langen Tragblätter nach unten hängend; Anthere kurz gestielt; Rostellum nur im Knospenstadium oder in der frisch geöffneten Blüte vorhanden, funktionsuntüchtig.

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